Die Nacht war etwas merkwürdig.
Abends unterhielt uns zunächst noch die Tanzmusik aus einem nahegelegenen Saal. Das war aber eigentlich ganz nett.
Nachts wache ich dann mal auf, höre Musik, die scheinbar aus einem Autoradio kommt und Stimmengewirr. Offensichtlich feiern hier ein paar Jugendliche am Freitagabend. Ist ja ok.
Nur irgendwann wache ich erneut auf, weil ich Stimmen fast direkt unter meinem Alkovenfenster höre. Ich fahre das Verdunkelungsrollo herab und erschrecke dabei wohl einen der Jugendlichen, der vor den Vario pinkeln wollte…? Er zuckt zusammen und stellt sich dann doch lieber an den Rand des Parkplatzes zu seinem Kumpel. Seltsame Aktion. Aber ich kann ja öfter mal das Verhalten meiner Mitmenschen nicht so recht nachvollziehen… Auf so eine Idee wäre ich nicht mal als Teenager gekommen… Egal.
Später wache ich nochmal auf, weil ich wieder Stimmen höre, diesmal direkt unter meinem Fenster. Angenervt mache ich das Fenster auf und rufe „Oh! Basta! Vale“. Die zwei Jungs erschrecken sich wünschen „Buenas Noches“ und hauen ab. Am Morgen finde ich dann neben zwei Pfützen um den Vario noch einen Aufkleber an der Heckgarage. Georg sichtet danach noch ein paar Aufkleber, die sich aber alle leicht entfernen lassen.
Wer weiß, vielleicht sind die Jugendlichen hier einfach super frustriert, ob der gerade für sie schlechten wirtschaftlichen Lage und der hohen Arbeitslosigkeit. Da sind wir Deutschen, denen es gut geht, dann einfach manchmal etwas unbeliebt. Auf der einen Seite kann ich ihren Frust nachvollziehen. Auf der anderen Seite ändert ein solches Verhalten leider auch nichts an ihrer Situation… Eher im Gegenteil. 🙁 In Portugal ist die wirtschaftliche Lage bestimmt nicht viel besser. So ein Verhalten haben wir dort aber nicht erlebt…
Nach dem Frühstück fahren wir ins nur rund 30 Kilometer entfernte Jerez de la Frontera, dem Geburtsort des Sherry und dem Sitz der Real Escuela Andaluza de Arte Ecuestre (Königlich Andalusische Hofreitschule). Es geht also um lecker Sherry und Pferde. 🙂
Wir parken auf einem einfachen großen Parkplatz in der Nähe der Hofreitschule. Von hier aus sind es etwas mehr als zwei Kilometer bis ins Zentrum. Mit den Radln gut zu machen. Vom Wetter her ist es ebenfalls angenehm, bewölkt und nicht zu heiß.
Wir packen also die Radl aus und suchen die TI. Es geht in einigem Zickzack erst über eine große Einfallstraße, dann durch die Gassen der Altstadt. Als wir sie endlich gefunden haben, hat sie immerhin noch auf. 🙂 Wir holen uns einen Stadtplan und erkundigen uns nach der Besichtigung der Sherry-Bodegas, der Hofreitschule und dem Karthäuser-Gestüt.
Bei der Tio Pepe Bodega können wir noch Besichtigungen machen. Die Hofreitschule hat leider nur dienstags geöffnet. Und das Gestüt liegt außerhalb und ist nur samstags zu besichtigen… Schade. Dann wird es mit Pferden wohl nix.
Aber wir steuern gleich mal Tio Pepe an und kaufen Tickets für die nächste Führung – um 14 Uhr. Das Gelände ist riesig. Es gibt hier gleich mehrere Kellereien. Denn das Unternehmen Gonzales-Byass produziert nicht nur Sherry sondern auch Weine und sogar Brandy. Wir fahren auch mit einem eigenen „Touri-Zug“ über das Gelände.
Am Ende steht natürlich eine Verkostung an: Tio Pepe, der trockene Sherry. Er ist nach dem Onkel des Gründers der Kellerei benannt. Der lieh seinem Neffen Geld, um das Unternehmen zu gründen. Der Neffe benannte nicht nur einen Sherry nach seinem Onkel. Der Onkel konnte auch jederzeit in die Kellerei kommen und bekam dort einen extra Bereich, in dem er seinen Sherry genießen und mit einem eigenen Schlüssel durch die Hintertür auf die Nebengasse zur Kathedrale rein und raus schleichen konnte. 😉
Als zweites probieren wir den Croft. Das ist der süße Sherry aus dem Hause Gonzales-Byass. Er trifft eher meinen Geschmack und ist gar nicht SO süß. Finde ich… Wir plaudern noch ein bisschen mit unseren Tischnachbarn. Dann gehen wir.
Wieder bahnen wir uns einen Weg durch die Gassen zurück um Vario. In der Nähe des Parkplatzes gibt es gleich einen kleinen Park, in dem ich gut mit Wiegald laufen kann. Er ist ganz freudig-interessiert an den anderen Hunden, die wir hier treffen. Erinnert ihn wohl an seine Welpentage in München. 😉
Später backt uns Georg eine leckere Pizza. Für mich kommen heute endlich mal wieder Artischocken mit drauf. Freu! Irgendwie hatte ich die in Portugal nie finden können. Nach dem Essen radln wir nochmal in die Stadt und wollen nach einer Flamenco-Kneipe Ausschau halten.
Leider wird das nix. Haben alle zu bzw. wir finden keine. In der Stadt ist es mächtig voll. Kind & Kegel sind auf den Straßen. Manche Gassen sind abgesperrt. Einmal sehen wir eine große Musikkapelle, die scheinbar gerade eine Pause macht. Dann sehen wir einen Wagen, der offensichtlich zur Osterprozession gehört. Später sehen wir in einem anderen Viertel nochmal Wagen mit Musikkapelle… Scheint das hat schon mit der Semana Santa zu tun. Wir schauen uns das Treiben ein wenig an und radeln dann wieder zurück.