Heute gibt es zwei Satsangs – einmal die normale Session von ca. 10 bis 12 Uhr und nachmittags eine weitere mit russischer Übersetzung.
Da es sich zeitlich nicht lohnt, zwischen den Satsangs zum Guest House zu laufen, laufe ich nach dem ersten Satsang Richtung Markt. Ich hätte gerne noch ein paar weiße T-Shirts und solche „normalen“ Dinge bekommt man nur Downtown. Ram Jhula und Laxman Jhula bedienen eher Touristen mit „traditioneller“ indischer (Touristen-)Kleidung, Schmuck und Dekoartikeln. Auf dem Weg sehe ich einen schön dekorierten LKW und einen der zahlreichen leichten LKW vom Typ „Force Traveller“. Die Ähnlichkeit mit dem Mercedes Vario bzw. dessen Vorgänger Düdo ist dabei kein Zufall.
Ich frage einen Taschenhändler, wo ich T-Shirts bekomme, und er zeigt auf eine Seitenstraße. Diese laufe ich hinab und finde zahlreiche Bekleidungsgeschäfte. Dabei muss man sich vorstellen, dass ein Geschäft im Durchschnitt zwischen 15 und 30 Quadratmetern groß ist. Ganz wenige Geschäft haben vielleicht 100qm Verkaufsfläche. Die Läden werden in der Regel vom Besitzer und dessen Familie betrieben. Handelsketten wie in Europa findet man nicht.
Ein Laden sieht relativ vielversprechend aus und ich gehe hinein. Ich fragen den Mann hinter der Theke, ob er weiße T-Shirts hat, und erhalte die typische indische Jein-Kopfbewegung. Das sieht ungefähr so aus: Man hebt den Kopf und senkt ihn dann, wie ein Ja. Auf ungefähr halbem Weg dreht man den Kopf dann zur Seite wie zu einem Nein und sieht den Fragenden mit ausdruckslosen Augen an. Die Kopfbewegung kann man wahlweise auch andersherum machen. Anschließend wackelt man mit dem Kopf von rechts nach links. Fragt man nochmal, erhält man die gleiche Geste. Ich merke mir die Geste und werde versuchen, sie demnächst bei den Tuktuk-Fahrern anzuwenden, die mich jeden Abend am Taxi-Stand vor Ram Jhula ansprechen.
Ich lächle freundlich, schaue ebenso ausdruckslos zurück, und irgendwann ruft der Mann etwas zu (s)einer Frau auf Hindi. Daraufhin geht sie an einen Schrank und zupft ein paar weiße T-Shirts heraus. Ich suche mir etwas in der passenden Größe aus und nehme drei Stück für insgesamt 500 Rupies (5,90 Euro). Dazu gibt es noch eine Tragetasche aus stoffähnlichem Material mit silbrig glitzernder Aufschrift „Om Osho Fashion House“. Zum Abschied erhalte ich vom Chef noch einmal ein indisches Jein und gehe zufrieden zurück Richtung Satsang Hall.
In der Nähe des Ashrams, in dem die Satsangs stattfinden, ist ein kleines Straßencafé. Dort setze ich mich zu Annika aus dem Guest House an einen Tisch. Bald kommen noch ein paar Russen dazu, von denen einer eine Papaya mitgebracht hat. Ich frage den Café-Besitzer, ob wir die Frucht hier essen dürfen. Er sagt „klar“ und gibt mir sogar noch einen Teller. Wir unterhalten uns und essen Papaya. Dann wird es Zeit, wieder zum Satsang zu gehen.
Im zweiten Satsang ist es nicht ganz so voll wie sonst. Dafür geht es recht stimmungsvoll zu. Russische Satsangs seien immer voll Leben, sagt Mooji. Das stimmt.
Nach dem Ende der Veranstaltung ist es draußen schon dunkel. Ich überlege, ob ich ein Tuktuk nehmen soll, entscheide mich aber dann, zu laufen. Auf dem Weg Richtung Ganges schrauben zwei Jungs im Dunklen an einem Motorrad. Ein Kollege zupft etwas an den Kabeln herum, die von einer Mauer hängen. Es gibt einen lauten Knall, einen hellen Funken und die Straßenlaterne geht an. Jetzt haben die beiden Licht.
Ich komme gut im Guest House an und gönne mir zum Abendessen vegetarisches Junk Food: Selbstgemachte Pommes und einen Veggie-Cheese-Burger. Dazu gibt es mein neues Liebingsgetränk: Lemon-Soda. Man nehme eine der supersauren kleinen Zitronen und presse den Saft in ein Glas. Dann kommt Sodawasser (Sprudel) drauf und fertig ist die Köstlichkeit. Alternativ kann man auch heißes Wasser draufgießen und hat dann „Hot Lemon“.