Mär 23

Tag 407: Sekundenschlaf

Heute ist mein letzter Tag in Indien. Er beginnt wie üblich mit Satsang am Vormittag. Für 23 Uhr haben wir ein Taxi bestellt, dass uns nach Delhi zum Flughafen bringen soll.

Wir – das sich Kathi und ich. Denn Kathi hat irgendwie herausgefunden, dass wir mit dem selben Flug zurückfliegen und mich vor ein paar Tagen gefragt, ob wir uns nicht ein Taxi teilen wollen. Ich habe gleich zugesagt und mein gebuchtes Taxi gecancelt.

Allerdings stellt mich das geteilte Taxi vor ein neues Problem: Denn ich habe mein restliches Bargeld so eingeteilt, dass es relativ genau bis zum Ende meines Aufenthalts reicht. Plötzlich habe ich rund 1.600 Rupies zu viel, die ich jetzt durchbringen muss. Das sind wahre Probleme!

Nach dem letzten Satsang der Indien-Saison verabschiede ich mich von ein paar Freunden aus der Sangha und laufe zunächst zum Guest House. Dort lasse ich meinen Rucksack und mache mich langsam auf Richtung Laxman Jhula. Denn eigentlich will ich vor meiner Abreise noch Ramana’s Garden besuchen.

Der Himmel zieht langsam zu, es nähern sich dicke Wolken. Ich komme trockenen Fußes in Laxman Jhula an und überquere die Brücke. Zunächst besorge ich noch zwei Stolas, in die das Gayatri-Mantra eingewebt ist. Eine bekommt Larissa und eine ist für meine Mutter, die heute Geburtstag hat.

Auf dem Weg zu Ramana’s Garden verlaufe ich mich irgendwie und stehe plötzlich an der Main Road Richtung Ram Jhula. OK, dann soll es wohl nicht sein. Ich gehe zum Tuktuk-Stand und werde sofort auf mein Ziel angesprochen. Ich sage „Ram Jhula Shared Rickshaw“ und werde zu einem Fahrzeug gezogen, in dem schon eine Touristin wartet. Der Fahrer sagt zu mir „50 Rupies“, worauf ich herzliche lache und sage, „Ram Jhula is 10 Rupies“. Er sagt „50“ und lässt mich gehen. 10 Sekunden später legt mir ein anderer Fahrer den Arm um die Schulter und zeigt mir die Rickshaw, die für 10 Rupies nach Ram Jhula fährt. Wir sind zwar zu 12 in dem Fahrzeug, dass in Deutschland wahrscheinlich für maximal 3 Personen zugelassen wäre – aber that’s India.

In Ram Jhula angekommen schlendere ich Richtung Madras Cafe und treffe Mandira aus der Sangha. Wir setzen und ins Flavour’s, trinken ein Kaffee und lassen die vergangenen Wochen Revue passieren. Später laufe ich noch einmal Richtung Brücke und verabschiede mich von den Schmuckverkäufern, mit denen ich mich oft unterhalten und von denen ich viel über Rudraksh gelert habe. Dann esse ich im Flavour’s meine letzte Mahlzeit und laufe ins Guest House.

Unser Taxi kommt pünktlich um 23 Uhr und ist bereits mit drei Personen besetzt. Einer davon ist der Firmenchef, der uns begrüßt und das Gepäck verlädt. Ich fragen den Jungen auf dem Beifahrersitz, ob er auch zu dem Tourveranstalter gehört, der das Taxi betreibt. Er sagt mir, dass er mitfährt, um uns zu helfen, falls wir etwas brauchen. Übersetzt bedeutet es, dass er  sich eine kostenlose Fahrt nach Delhi organisiert hat. Der Chef des Taxis bleibt zurück und wir machen uns zu viert auf den Weg.

Zunächst ist auf den Straßen nicht viel los. Doch als wir auf den National Highway Richtung Delhi biegen, jagt ein Truck den nächsten. Nachts ist anscheinend in Indien der ganze LKW-Verkehr unterwegs und die Fahrer sind ziemlich unter Zeitdruck. Licht am Fahrzeug in bestenfalls optional, Hauptsache die Hupe funktioniert. Ab und zu überholen wir unbeleuchtete Eselskarren.

Im Gegensatz zur Herfahrt, die tagsüber war, kommen wir relativ schnell voran. Doch nach einiger Zeit merke ich, dass der Fahrer ziemlich müde ist. Unser Beifahrer erzählt beiläufig, dass der Fahrer schon seit dem frühen Morgen unterwegs ist. Als ich sage, dass dies nicht gut sei, meint er, ja, aber der Fahrer braucht das Geld, da er in einem Monat heiratet.

Wir halten auf halber Strecke an einem Restaurant. Unser Beifahrer fragt uns, ob wir etwas essen möchten. Möchten wir eigentlich nicht, aber ich kaufe mir etwas zu trinken. Als ich zurück zum Auto komme, ist der Fahrer im Tiefschlaf und der Beifahrer steht rauchend neben dem Auto. Wir unterhalten uns ein wenig, dann wecken wir den Fahrer und fahren weiter.

Nach einiger Zeit wird unserer Fahrer sichtlich unruhiger, streicht sich laufend die Hände durch die Haare und öffnet immer wieder sein Fenster. Als ich merke, dass ihm immer wieder der Kopf nach vorne fällt, klopfe ich ihm auf die Schulter und frage ihn, ob er noch fahren kann. Ich schlage vor, dass er den Beifahrer fahren lässt, doch das möchte er nicht. Dann deute ich ihm, dass er am links ranfahren soll. Kaum stehen das Fahrzeug und der Motor, ist er wieder eingeschlafen.