Dez 5

Tag 299: Ernüchterung

Wir starten mal mit einem Nachtrag: Denn Georg ist jetzt mit seinem neuen Programmierprojekt fertig. 🙂 Ab jetzt könnt ihr unsere Fahrten auch auf der Karte mitverfolgen. Es gibt sowohl einen neuen Menüpunkt „Karte“, auf dem ihr unsere gesamte Fahrt bisher sehen könnt als auch eine Ansicht der „Tagesfahrt“, unterhalb des jeweiligen Blogeintrags! Ihr kommt auch aus der Gesamtkarte zu den Einzeltagen – einfach auf den Punkt klicken… Da werden sich Mone & Mark freuen. Den Atlas könnt ihr jetzt zu Hause lassen… 😉

Bei uns war heute folgendes los: Auf dem Weg nach Lissabon fahren wir noch ein Stückchen durch die Ausläufer von Cascais. Scheint ein wenig wie das Starnberg von Bayern zu sein: überall große Villen auf mehr oder weniger großen Grundstücken hinter hohen Zäunen oder Mauern…

Wir kommen gut durch den Morgenverkehr auf der Autobahn und finden sogar einen Parkplatz direkt in der Straße beim Tierarzt. Hier darf man allerdings nur für zwei Stunden parken. Wir lösen jetzt einfach mal einen Parkschein für diese maximale Parkdauer. Eigentlich sollen wir ja nur Medikamente abholen…

Der Kollege von Sónia, Joaquim Henriques, ist sehr nett. Er nimmt sich Zeit, ist sehr lieb zu Wiegald, befragt mich ausführlich und untersucht Wiegald dann nochmals genau. Damit Wiegald weniger gestresst ist untersucht Joaquim ihn einfach auf dem Boden statt auf dem Tisch. Wirklich sehr nett! Das erspart Wiegald eine neue Zitterpartie und „Haare schmeißen“ vor Stress.

Ich frage heute auch mal nach den grundsätzlichen Prognosen… Fakt ist, dass der entfernte Tumor eine Form von Darmkrebs ist. Konkretere Prognosen sind für die Ärzte natürlich immer schwierig. Um wirklich genaueres sagen zu können müsste man nochmal einen Ultraschall machen, da er auch bei der Untersuchung etwas ertastet hat, von dem er nicht sagen kann, ob es nur Narbengewebe ist oder ob der Tumor schon wieder nachwächst… Das würde aber bedeuten, dass ich Wiegald nochmal da lassen müsste, er ein Abführzäpfchen bekäme etc. Ich erkundige mich nach den Alternativen, die mir Joaquim sehr nett erklärt.

Für mich geht es jetzt darum, dass Wiegald nicht leiden muss. Ich möchte ihm den Rest seines Lebens so schmerzfrei und schön wie möglich gestalten! Ohne unzählige Klinikaufenthalte, nur um für mich die Zeit bis zum Abschied hinaus zu zögern. Wir entscheiden daher, dass eine konservative („metronomische“) Chemotherapie in Form von Tabletten in dem Fall die beste Lösung ist. Damit können wir seine Lebensqualität so gut wie möglich verbessern und ersparen ihm heute einen weiteren Ultraschall und dann eine weitere aggressive OP, mit mehrwöchigem Klinikaufenthalt und entsprechend aggressiverer Chemo im Anschluss.

Wie viel Zeit wir noch zusammen haben kann man so also nicht genau sagen. Geschätzt wohl so zwischen einigen Monaten bis zu einem Jahr. Ernüchternd! Aber ich muss ihm keine weitere Untersuchung antun, nur um es noch genauer zu wissen. Das wird sich letztlich ohnehin einfach zeigen.

Joaquim wird uns also die Chemotabletten vorbereiten lassen und wir können die Medikamente dann hoffentlich am frühen Nachmittag abholen. Ich habe gleich um eine Ration für vier Monate gebeten. So müssen wir nicht jeden Monat einen Spezialisten suchen, um die Tabletten zu besorgen.

Joaquim gibt mir noch seine Mail-Adresse, damit wir in Kontakt bleiben können. Denn er begleitet uns ab jetzt mit der Chemo und wir können ihn ebenfalls jederzeit kontaktieren. Das ist wirklich sehr nett. In München hat er einen guten Kollegen, bei dem wir dann wenn nötig die nächste Ration der Chemotabletten besorgen können… Schauen wir mal wie das alles wird. Aber wenn ich sehe wie munter und lebensfroh Wiegald jetzt wieder ist im Vergleich zu vorher, bin ich einfach happy und tue mein Bestes, dass er noch eine Weile so viel Spaß mit uns haben kann.

Zurück bei Georg im Vario breche ich dennoch erstmal in Tränen aus. Klar, ein Abschied gehört nunmal dazu. Aber es ist eben auch sehr schmerzhaft. Irgendwie hatte ich vor der OP vor zwei Wochen schon Angst, ich würde Wiegald gar nicht mehr aus der Klinik zurück bekommen. Danach war ich so froh, dass die Aussage von heute doch sehr ernüchternd für mich war. Und ich denke sehr traurig an meine Freundin Evy, die sich damals so plötzlich nach einer Not-OP von ihrer Bonny verabschieden musste! Das war bestimmt um einiges härter! Wir können Wiegald nun immerhin begleiten. Und wir haben liebe Tierärzte an unserer Seite, die uns mit Rat & Tat zur Seite stehen!

In der Praxis habe ich ein Futter entdeckt, von dem ich euch noch erzählen möchte. Das hört sich sehr interessant an: Naturea. Ein Trockenfutter. Aber ganz ohne Getreide! Eine portugiesische Firma hat es entwickelt. Ist auch nicht teurer, als die Hills Spezialnahrung, die Wiegald bisher bekommt. Sehr interessant – wollte ich euch gleich noch weitergeben. Ich werde das mal ausprobieren. Hundekekse gibt es auch im Programm. 🙂

Nachmittags laufe ich nochmal zur Praxis um Futter & Keske für Wiegald zu kaufen. Und ich frage bis wann die Tabletten fertig sein werden. Erst um 18 Uhr. Zu dumm! Wir wollten eigentlich vor Anbruch der Dunkelheit mit dem Vario aus der Stadt raus sein. Joaquim schlägt einfach vor er bringt uns die Tabletten dann eben abends noch schnell vorbei! Ich bin sprachlos und erkundige mich, ob das wirklich kein Problem ist. Immerhin muss er allein bis 21 Uhr in der Praxis sein. Er verneint. Also suche ich die Adresse von dem Campingplatz heraus, zu dem wir fahren wollen. Als er sie sieht, meint er das geht klar… Wow! Wie nett. Der Campingplatz ist immerhin rund 20 Kilometer von der Klinik weg! Aber für ihn ist das „nur über die Brücke“ (eine der beiden Brücken in Lissabon)…

Wir wollen für zwei Nächte auf dem Campingplatz. Dann kann ich sehen wie Wiegald auf die Chemo reagiert und bin in der Nähe der Klinik, falls was wäre… Tatsächlich kommen dann um 22:30 Uhr noch Joaquim und sein netter Kollege angefahren, geben uns die Tabletten, schreiben uns zusätzlich noch ein paar Dinge auf und erklären uns alles super genau. Georg und ich sind wirklich sprachlos.

Im Anschluss stoßen wir mit einem Glaserl Portwein auf Wiegald an und ratschen noch eine gute Weile sehr nett mit den beiden. 🙂