Wir fahren weiter nach Ravenna.
Auf der Fahrt wird Wiegald plötzlich unruhig. Ich sehe es nur aus dem Augenwinkel denn ich muss mich voll konzentrieren, um all den Schlaglöchern auf der Straße auszuweichen. Georg sagt gleich wir müssen mal anhalten.
Wiegald hält seine linke Vorderpfote ganz merkwürdig. Als hätte ihn vielleicht etwas gestochen. Aber hier im Vario ist gar nix. Ich halte an der nächsten Möglichkeit an und hebe ihn aus dem Auto. Er humpelt und möchte Gras fressen. An seiner Pfote kann ich keinen Stachel oder ähnliches feststellen. Ich prüfe seine Pupillen, weil mir irgendwie gleich das Wort Schlaganfall ins Hirn schießt. Aber die Pupillen wandern nicht unruhig hin und her. Seine Schleimhäute sind ganz weiß…
Während ich mich um Wiegald kümmere sucht Georg mit der VetFinder App schon mal den nächstgelegenen Tierarzt (TA) heraus. Bin ich froh, dass wir die haben! Die Datenbank ist super – nicht nur für Deutschland sondern auch in Europa findet man wirklich schnell einen TA in der Nähe. Drum haben wir die App auch in unsere Erste Hilfe Hund App integriert.
In fünf Kilometer Entfernung gibt es einen TA. Aber in nur acht Kilometern eine Tierklinik. Wir steuern lieber die an.
Zum Glück finden wir gleich in der Nähe einen Parkplatz, auf den auch der Vario passt. Zumindest vorerst. Wiegald kann noch zu mir an die Tür kommen und ich trage ihn schnell zur Klinik. Dort kommen wir sofort dran. Er kann sich auf dem Tisch aber nicht mehr von selbst auf den Beinen halten.
Die Tierärzte untersuchen ihn gleich. Und wir berichten was passiert ist. Ich bin nicht sicher, ob Wiegald evtl. Gift beim Morgengassi erwischt hat. Aber er hat sich eigentlich nur einen Kartoffelchip gemopst… Ob er innere Blutungen haben könnte durch den Krebs oder die Medikamente, weil die Schleimhäute so weiß sind?
Er bekommt zunächst eine Infusion und eine Spritze. Letztlich bleibt er den ganzen restlichen Tag am Tropf. Wir dürfen bei ihm bleiben, müssen nur hin und wieder das Zimmer wechseln, weil wir natürlich nicht eingeplant waren und die Sprechstunde ganz normal weiterläuft. Wiegald will von selbst nicht liegen bleiben. Daher müssen wir ihn ein paar Mal herumtragen – zum Ausweichen.
Etwas später röntgen sie ihn, um mögliche Metastasen oder Geschwüre finden zu können. Der Bauchraum ist aber ok. Also tippen sie auf Vestibulärsyndrom und ich erwähne nochmal meine Schlaganfall-Vermutung.
Der TA sagt uns, dass wir im Moment für eine weiterführende Abklärung nur die Möglichkeit haben, ein MRT machen zu lassen. Dazu müssten wir aber nach Bologna fahren. Denn sie haben dieses teure Gerät nicht hier. Alternativ können sie ihm Infusionen und Cortison geben und wir sehen dann innerhalb von einigen Tagen, ob diese Therapie anschlägt. Wir fragen nach was uns das MRT bringen würde. Letztlich wäre es einfach nur mehr Gewissheit. Aber das würde für Wiegald nur noch zusätzlichen Stress, Narkose und eine Fahrt von 80 Kilometern bedeuten. Das erscheint uns ins einem Zustand ohnehin nicht wirklich möglich. Und am Ende: was hätten wir davon, es noch genauer zu wissen…?
Also entscheiden wir uns für die Infusions-Cortison-Behandlung. Wiegald geht es sehr schlecht. Leider kann er am Abend immer noch nicht von alleine stehen. Aber wir dürfen ihn mitnehmen, er bekommt noch eine Spritze und wir kriegen die Notrufnummer mit, falls wir nachts Hilfe brauchen. Der TA erklärt uns auch noch wie wir auf einen kostenfreien Parkplatz kommen, der sehr nah an der Klinik liegt. Sehr nett. Überhaupt ist das komplette Team der Clinica Veterinaria San Gaetanino sehr hilfsbereit und nett zu uns.
Wir steuern noch schnell eine nahgelegene VE an und leeren/befüllen unsere Tanks. Damit sind wir für die nächsten Tage autark. Dann fahren wir auf den Parkplatz, den uns der TA beschrieben hat. Über fünf Tonnen darf man da eigentlich nicht drauf. Aber das ist uns egal. Wir stellen uns einfach ganz an den Rand, gleich neben einen kleinen Park. Da stören wir am wenigsten.
Ich trage Wiegald vorsichtig in die Kabine. Wir legen ihn in den Küchenbereich. Da hat er mehr Platz. Er ist sehr unruhig, versucht immer wieder aufzustehen, was leider nicht klappt.
Nachts schlafe ich auf meiner Yogamatte bei ihm auf dem Boden. So kann ich ihn am besten beruhigen, ihm immer wieder ein wenig Wasser geben, ihm helfen mal auf der anderen Seite zu liegen und ihn daran hindern, ständig aufstehen zu wollen.
Es wird eine unruhige Nacht in der Wiegald oft wirkt als wäre er ganz woanders. Aber ich merke auch, dass es ihm hilft, dass ich da bin. Georg kommt auch immer wieder aus dem Bett, um mir zu helfen und ihn zu streicheln.