Ich wache mit ziemlichen Nackenschmerzen auf. Das waren wohl die vier Stunden Darshan/Satsang im Schneidersitz, was meine Rücken- und Nackenmuskeln nicht gewohnt sind. Aber das geht vorbei. Heute möchte ich mal auswärts frühstücken, also suche ich mir ein Café in der Nähe.
Die Wahl fällt auf das Madras Café in der Nähe der Brücke Ram Jhula, zirka einen halben Kilometer von hier. Ich laufe die Hauptstraße entlang und werde alle 10 Sekunden von einem Tuktuk angehupt, das auf die letzten Meter noch schnell einen Fahrgast aufgabeln möchte. Wenn man nicht reagiert, fahren sie weiter. Autofahren in Indien ist eigentlich ganz einfach, wenn man sein Blickfeld auf 90 Grad begrenzt – 45 Grad nach rechts und 45 Grad nach links. Alles was außerhalb des Sichtfeldes ist, existiert nicht. Irgendwie ist es ja auch so. Wenn man von hinten kommt und an einem Auto vorbei will, hupt man. So weiss der Vordermann, das bald was in seinem Sichtfeld auftaucht. Bei vielen Autos ist der linke Außenspiegel permanent angeklappt oder gar nicht vorhanden.
Ich laufe zunächst an dem Lokal vorbei, das noch recht leer aussieht, und entscheide mich, erst einmal den Ganges zu überqueren und mir die andere Seite etwas anzusehen. Die einschlägigen Reiseführer warnen hier vor allem vor den Affen auf der Brücke, die einem gerne mal das Essen klauen. Auch soll man nicht den Fotoapparat auf sie richten, denn wenn sie ihr Spiegelbild in der Linse sehen, gehen sie direkt drauf los. Als ich über die mehrere hundert Meter lange Fußgängerbrücke gehen kommen mir zwar viele Motorräder entgegen. Affen sehe ich aber keine.
Auf der anderen Seite des Ganges sind viele Ashrams und ein überdachter Bazar, wo aber gegen 9 Uhr morgens noch die meisten Läden geschlossen sind. Hier sind auch die Buchhändler versammelt, die spirituelle Literatur in vielen Sprachen vertreiben. Ich setze mich zwischen zwei in der Sonne knackende Straßenhunde ans Ufer des Ganges und schaue auf den Fluss. Ab und zu kommen Pilger vorbei und besprenkeln sich mit dem Flusswasser. Die „Mutter Ganges“ ist ein heiliger Fluss, weshalb die in den letzten Jahren aus dem Boden gesprossenen Rafting-Anbieter von vielen Einheimischen nicht gerne gesehen werden. Gestern im Darshan beklagte auch der Guru, dass sich Rishikesh sehr verändern würde und das heilige immer mehr verloren ginge. Wenn man meditierend am Flussufer sitzt und dann kommt die nächste Gruppe Rafter mit „Hey, hoh, right, left“ vorbei, kann man seinen Standpunkt verstehen.
Nach einiger Zeit gehe ich zurück zum Madras Café und bestelle ein – natürlich vegetarisches – Frühstück: Zwei Kaffee (hab schon besseren getrunken, aber ich bin froh, dass es überhaupt welchen gibt), ein Glas frischen Orangensaft und zwei Grilled Cheese Toast. Lecker und mit 200 Rupies für alles auch wirklich nicht teuer. Danach kaufe ich noch etwas Obst und gehe zurück ins Guest House.
Ich setze mich auf die Dachterrasse in die Sonne, lese etwas und merke, dass ich mir eine ziemliche Blase auf der rechten Fußsohle gelaufen habe. Als ich Bilder für den Blog hochladen will, finde ich noch einen Punkt der App, den man verbessern kann. Also schreibe ich in ein paar Minuten ein paar Zeilen Code und verbringe wieder ein paar Stunden damit, die App zu Apple hochzuladen. Das Signieren und Einstellen von Apps im App-Store ist nicht sehr benutzerfreundlich. Denn wenn etwas nicht funktioniert, muss man meist zu guter Letzt alle Schlüssel und Zertifikate löschen und neu generieren, bevor es dann klappt. Irgendwann geht es und ich klappe zufrieden den Laptop zusammen.
Nachmittags treffe ich Ank und Michal (wahrscheinlich schreibt man das ganz anders), die beiden Holländer, auf der Dachterrasse und wir kommen in ein langes Gespräch. Wir entschließen uns spontan, zusammen Abendessen zu gehen. Michal holt mir noch ein Pflaster und tropft etwas Jod auf die offene Blase. Auh!!!, aber danke.
Wir gehen wieder Richtung Ram Jhula, diesmal direkt am Ganges entlang. Auf der anderen Flussseite sehen wir die allabendliche Aarti-Zeremonie am Triveni Ghat. Dort möchte ich auch einmal hingehen. Ein Mädchen möchte uns ein Körbchen mit Blumen und einer Kerze verkaufen, das im Rahmen der Zeremonie ins Wasser gesetzt wird und dann den Fluss herunter treibt. Wir lehnen freundlich, aber dankend ab.
Dann kommt wie aus dem Nichts ein Affe angeschossen und reißt dem Mädchen den Korb mit den Blumenkörbchen aus der Hand. Als der Affe merkt, dass man die Blumen nicht essen kann, wirft er die Körbchen weg und schnappt sich die Plastiktüte, die das Kind noch in der Hand hält. Mit seiner Beute verzieht er sich auf einen Baum, wo schon zwei Kollegen warten. Sie reißen die Tüte auf und werden wieder enttäuscht. Darin befinden sich nur zwei Schlappen und eine kleine Flasche Wasser. Die Affen schmeißen die Sachen vom Baum, das Mädchen sammelt sie wieder ein, und geht weiter, als ob nichts passiert wäre.
Wir schauen kurz im Madras Café vorbei, entscheiden uns dann aber für das Flavors Restaurant ein paar Häuser weiter. Dort gibt es eine kleine Terrasse mit Blick zwischen zwei Häusern auf den Ganges. Vom Kellner erfahren wir, dass Mooji vor einer halben Stunde hier war. Das war für den Kellner auf alle Fälle gut für’s Geschäft. Zum Abendessen gibt es Naan – ein Art mit Käse, Knoblauch und irgendwelchem Grünzeug gefülltes Fladenbrot. Lecker und zwei Stück machen auch gut satt. Zu Trinken gibt es – rein präventiv – Coke.
Gegen 20 Uhr laufen wir zurück zum Guest House und verabreden uns für morgen 8 Uhr zum Frühstück. Danach wollen wir uns ein Tuktuk teilen und zusammen zum Satsang fahren. Morgen Mittag will Ana mir auch noch ein anderes Zimmer (mit richtiger Dusche) zeigen – für einen längeren Aufenthalt vielleicht etwas praktischer.