Nov 16

Tag 280: Portwein

Auf gehts nach Porto. Die Fahrt über die Landstraße führt uns von einem Ort durch den nächsten. Man hat das Gefühl, die Küste ist total zugebaut. Und meist mit diesen „gesichtslosen“ Betonbauten…

Kurz vor Porto geht es nochmal auf eine Stadtautobahn. Unsere Abfahrt ist etwas wuselig: viele Möglichkeiten abzubiegen, eher enge Spuren, dann führt die schmale Straße (keine Einbahn!) nochmal gefühlte 15 Prozent Steigung den Berg hinunter… Ich hoffe, dass mir jetzt niemand entgegenkommt… Und habe Glück.

Unser Stellplatz ist ein großer teilweise geschotterter Parkplatz, direkt am Fluss „Duoro“ unterhalb einer alten Villa, die früher sicher mal sehr hübsch war. Heute verfällt sie nach und nach. Gegenüber sehen wir schon die ersten Ausläufer der Stadt und einen Helipad… Da steht sogar ein Hubschrauber drauf, der später auch einmal abhebt. 😉

Zum Übernachten ist es ok hier. Ich kann Wiegald gut rauslassen und wir stehen ein wenig außerhalb, so dass es nachts ruhig sein müsste. Bis in die Stadt sind es rund drei Kilometer. Daher packen wir lieber mal die Radl aus. Es geht am Fluss entlang bis vor zur TI. Die liegt direkt an der Seilbahn und quasi mitten im „Portwein-Viertel“. Hier haben alle Kellereien ihr Lager und ihre Shops. Wir holen uns einen Stadtplan und radeln erst einmal über eine der sechs Brücken, die hier über den Fluss führen auf die andere Seite des Duoro. Die Brücke ist riesig: unten fahren Autos drüber, oben die S-Bahn. Fußgänger können den Blick auf die Stadt von beiden Übergängen aus bewundern.

Der Quai in der Altstadt scheint ein beliebtes Motiv für Hochzeitsfotos zu sein – wir treffen heute am Samstag gleich zwei Brautpaare. Wir verschaffen uns einen ersten Überblick entlang der Uferpromenade und beschließen dann, in einem der Restaurants etwas zu mittag zu essen. Irgendwie sind wir uns heute nicht so ganz einig was wir wollen und so landen wir letztlich in einem Restaurant, das zwar sehr schön mitten auf einem Platz liegt, mit Blick auf den Fluss und die flanierenden Leute. Aber das Essen ist eher nicht so toll. Obwohl viele Portugiesen hier sitzen… Ja mai. Kommt vor. 😉

Gestärkt schieben wir die Radl die meiste Zeit durch die Altstadt! Porto ist super bergig. Da kommen mir teilweise sogar die Wohnstraßen im bergischen Land fast flach dagegen vor. Wir laufen bis zu einem Aussichtspunkt auf einen Berg oberhalb der Markthallen. Dann Berg runter, nächsten Berg hinauf in Richtung Kathedrale. Ein Portugiese sieht uns die Radl schieben und in die vermeintlich falsche Gasse abbiegen. Daraufhin spricht er uns an und erklärt uns auf portugiesisch, dass dies für uns mit Radl offensichtlich nicht die beste Richtung ist, weil Treppen kommen und wir die Radl schleppen müssten. Mit Händen und Füßen erklärt er uns eine andere Route. Echt nett! Er hätte uns Touris auch einfach schleppen lassen können… Wir bedanken uns auf portugiesisch, was ihn sichtlich freut, und nehmen die Alternativroute. Von der Kathedrale aus geht es weiter auf dem „oberen“ Teil der Brücke direkt neben den S-Bahnschienen wieder auf die andere Seite des Flusses. Wir genießen nochmal die Aussicht und zockeln dann ganz langsam den steilen Berg mit unseren Rädern über das Kopfsteinpflaster hinab zum Fluss. Danach sind wir erstmal gut durchgeschüttelt.

Auf dem Weg zurück zu Wiegald halten wir nochmal bei einer TI an und erkundigen uns nach den Portwein-Kellereien. Danach verbringen wir ein bisschen Zeit bei Wiegald. Gegen 16 Uhr radeln wir nochmal vor zur Kellerei Ferreira, machen eine Besichtigung und lernen wie Portwein hergestellt wird. Nach ihrer Nutzungszeit werden die Portwein-Fässer übrigens nach Schottland an die Whiskey-Destillerien verkauft… Am Ende der Führung verkosten wir noch insgesamt vier Portos: zwei davon sind in unserer Tour inbegriffen. Die anderen beiden können wir separat bestellen. 😉

Als wir gegen 18 Uhr aus der Kellerei kommen ist es schon dunkel und wir können noch einen Blick auf die erleuchtete Stadt werfen bevor wir zurück zu Wiegald radeln.

Nach den Eindrücken dieses Tages muss ich sagen, dass ich mit dieser Stadt irgendwie nicht so richtig „warm geworden“ bin. Porto liegt zwar wunderschön am Fluss, die Brücken sind Meisterwerke und das Portwein-Viertel wirklich hübsch. Von hier hat man auch einen tollen Blick auf die Altstadt, die unten an der Flusspromenade ebenfalls wirklich hübsch ist. Aber in der Stadt an sich hat es mir nicht so gefallen: zu steil, zu viele verkommene Häuser, zu dunkle enge Gassen. Das natürlich alles für meinen rein subjektiven Geschmack!

Ob man hier eben merkt, dass es dem Land schlecht geht…? Oder ob die Portugiesen beim Baustil und der Pflege der Immobilien einfach andere Maßstäbe haben, als der „ordentliche Deutsche“…? 😉 Kann ich nicht sagen. Denn auf der Fahrt hierher und teilweise auch in der Stadt sehe ich jede Menge hochpreisige deutsche Markenautos: Mini, BMW, Mercedes, Audi. Und keine alten herunter gekommenen Modelle… Vielleicht habe ich eben einfach einen anderen Geschmack in puncto Architektur…

In jedem Fall sind die Portugiesen, die wir bisher getroffen haben allesamt sehr hilfsbereit, fröhlich und offen uns gegenüber. Und mit Englisch kommt man wirklich gut durch. Besser als beispielsweise in Spanien – finde ich persönlich…